Ein Kindheitsbuch für mehrere Generationen
03. Dezember 2021
“Du on ech” erzählt davon, wie es war, in den 60ern und 70ern klein zu sein, regt zum Diskutieren an und ist zugleich eine Mundartfibel
Vogelsbergkreis. Ihre Vornamen sind nicht alt genug, um schon wieder modern zu sein, und doch kommen sie sich manchmal vor wie Dinosaurier: Die Kinder der 60er und 70er sind ohne Computer und Handy aufgewachsen und haben bewusst miterlebt, wie sehr sich das alltägliche Leben in Oberhessen verändert hat. Das reich bebilderte Buch “Du on ech” des Geschichtsvereins Lastoria erzählt Geschichten aus der Sandkastenzeit der heute etwa 50- bis 65-Jährigen. Aber es enthält auch Rätsel, moderne Märchen, Anleitungen zum Basteln und Spielen, Koch- und Backrezepte, Lieder und Gedichte im Ober-Gleener Dialekt, aktuelle und historische Informationen über Oberhessen. Es soll zum Nachdenken, zum Erzählen und zum Mundartsprechen anregen.
Entstanden ist “Du on ech”, wie alle Bücher des Vereins, in ehrenamtlicher Arbeit. “Wir hätten dieses Jahr ein Jubiläum feiern können: 50 Jahre nach der Einschulung”, sagt die Journalistin und Historikerin Monika Felsing aus Ober-Gleen, die gemeinsam mit 41 anderen Kindern im Sommer 1971 in Kirtorf in die Schule gekommen ist und das Buch herausgegeben hat. Ingrid Ebke, geborene Freifrau Schenck zu Schweinsberg, war die Klassenlehrerin. Im ersten Schuljahr lernten die Kinder aus Kirtorf, Lehrbach, Arnshain, Wahlen, Gleimenhain und Ober-Gleen mit der Fibel “Ich und Du – Du und ich”, in der Uli, der Fehlerteufel, für Wirbel sorgt. “Das Schulbuch war die Anregung, ein Kindheitsbuch zu machen, das für Kinder von damals, heute und morgen gedacht ist”, schreibt Monika Felsing.
Gemeinsam mit ihrer ehemaligen Mitschülerin Sabine Kirchner hat sie die Idee weiterentwickelt. Jede von beiden hat mehrere Kapitel beigesteuert, Veronika Bloemers ihren Wettbewerbsbeitrag “Die Kinder retten den Wald” aus den Siebzigern, Holger Krüger die Bauanleitung für ein Bienenhotel. Der Ober-Gleener Imker Jörk Hipp hat sich interviewen lassen. Die aus Kirtorf stammende Künstlerin Britta Jakobi teilt ihre Erinnerungen an ihren verstorbenen Vater, den Busfahrer Herbert Jakobi, in Form eines Textes und einer Collage mit den Leserinnen und Lesern. Melanie Peter hat das Gedicht “Der Hund” und dessen oberhessische Version zu einem Stop Motion, einer Art Zeichentrickfilm, verarbeitet. Ihr Vater Manfred Peter aus Ober-Gleen, der seit Jahrzehnten in Eifa lebt, sorgte für die Mundartversion: “Dè Hond”. Judith Dürolf, die in Grünberg aufgewachsen ist, hat ein eigenes Foto, aber auch Fotos aus dem Nachlass ihres aus Homberg/Ohm stammenden Vaters Peter Dürolf zur Verfügung gestellt. Die Aufnahmen zeigen Gebäude, die in den 70ern in vielen Dörfern im Vogelsberg noch zum Alltag gehörten und nun, da sie ausgedient haben, Stoff für ein Bilderrätsel sind. Der Ober-Gleener Künstler Bernhard Wald (Faldon) ist mit Porträts in “Du on ech” vertreten, wie zuvor schon im Liederband “Mir” (über Identität, das Grundsetz und Europa) und in “08/18”, dem Buch über Nachhaltigkeit und Hessen, das der Verein ebenfalls in diesem Jahr herausgegeben hat. Wolfgang Rulfs hat auch den neuen Band gestaltet, ebenfalls ehrenamtlich.
“Du on ech” ist im Buchhandel und beim Verlag, Books on Demand (BOD) erhältlich, ist etwa DIN A4, hat 142 Seiten und kostet 20 Euro.